Nicht mit uns!
Stellungnahme des Initiativkreises Charlottenburg-Wilmersdorf gegen Rassismus – Zivilgesellschaft widerspricht Störaktionen der „Neuen Rechten“

Die Aktionswochen gegen Rassismus in Charlottenburg-Wilmersdorf stehen für Austausch, Empowerment und Sichtbarkeit. In dutzenden Veranstaltungen engagieren sich jedes Jahr zivilgesellschaftliche Organisationen, Institutionen und Initiativen gegen Diskriminierung, für Teilhabe und soziale Gerechtigkeit.
In diesem Jahr waren wir mit einer massiven, gezielten Kampagne konfrontiert die Aktionswochen zu delegitimieren. Akteure aus dem rechten Spektrum, darunter Mitglieder der AfD, ihrer aufgelösten extrem rechten Jugendorganisation Junge Alternative sowie rechtspopulistische Medien wie NIUS agierten koordiniert.
Es wurden Veranstaltungen gestört, unsere Arbeit diskreditiert und Beteiligte eingeschüchtert:
Über 700 Fake-Anmeldungen zum Fastenbrechen im Rathaus Charlottenburg innerhalb von 2 Stunden (auch unter „Adolf Hitler“ oder „Goebbels“). Dieses NS-verherrlichende Vorgehen führte zu erheblichem Mehraufwand, auch durch verstärkte Sicherheitsmaßnahmen.
Ein Störversuch bei einer Veranstaltung in Wilmersdorf durch den seinerzeit Vorsitzenden der vom Verfassungsschutz als extrem rechts eingestuften Jugendorganisation der AfD. Erst unter polizeilicher Einwirkung verließ er das Gelände.
Ein AfD-Vertreter reagierte auf die Mitteilung, dass er bei einer Veranstaltung der evangelischen Kirche nicht erwünscht ist, mit einer diffamierenden E-Mail in bedrohlicher Sprache.
Heimliche Tonaufnahmen, teils durch verdeckte Reporterinnen des rechtspopulistischen Portals NIUS bei mehreren Veranstaltungen, trotz explizit ausgesprochenem Aufnahmeverbot. Teile der Aufnahmen wurden ohne Einwilligung veröffentlicht.
Diverse diffamierende Artikel und Beiträge in rechten Medien und auf Social Media.
Diese und weitere Vorfälle sind Teil einer systematischen Strategie: Antirassistisches Engagement soll verdrängt werden, indem sie jene einschüchtern, die Rassismus sichtbar machen und dagegen vorgehen.
Die Botschaft derartiger Störungen und Einschüchterungen ist gefährlich: Wer sich offen gegen Rassismus stellt, macht sich angreifbar. Genau deshalb braucht es Aktionswochen wie diese und Solidarität mit jenen, die sie mittragen.
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Hier sprechen diejenigen, die von der rechten Kampagne betroffen sind. Ihre Perspektiven machen deutlich, wie sich Einschüchterung, Hetze und rechte Medienstrategien anfühlen:
- „Das aufdringliche und grenzüberschreitende Verhalten von der Neuen Rechten hat in meinen Grundfesten eine Erschütterung ausgelöst. Ich habe in meinem Engagement als weiße Frau nie die Konfrontation mit extrem Rechten gesucht. Doch durch einen menschenrechtsbasierten Einsatz für unsere Gesellschaft können wir schnell zur Zielscheibe werden. Mein Umgang damit ist zwiegespalten: Die Strategie der Einschüchterung darf nicht aufgehen – gleichzeitig steigen jedes Jahr die Zahlen rechter Gewalt.“ (Teilnehmerin der Aktionswochen)
- „Die Anwesenheit des Onlinemediums NIUS bei der Veranstaltung war für mich als von Rassismus betroffene Person äußerst belastend. NIUS ist bekannt dafür, rechte Narrative und Hetze zu verbreiten – genau jene Inhalte, die das gesellschaftliche Klima für marginalisierte Gruppen verschärfen. Die Präsenz dieses Mediums bei einer Veranstaltung gegen Rassismus stellt aus meiner Sicht eine potenzielle Gefahr für die psychische Sicherheit der Betroffenen dar.“ (Moderation einer Veranstaltung der Aktionswochen)
- „Als Nachbarschaftszentrum verstehen wir uns als einen Ort, der insbesondere auch für unterschiedlich marginalisierte Gruppen einen sicheren Raum bieten soll. In dem rechten Störversuch bei unserer Veranstaltung und der begleitenden öffentlichen Diffamierung sehen wir einen Angriff auf unsere Arbeit. Wir stellen uns entschieden gegen jede Form von Einschüchterung und bekennen uns klar zu einer demokratischen, menschenrechtsorientierten und solidarischen Gesellschaft.“ (Haus der Nachbarschafft und Mobile Stadtteilarbeit Wilmersdorf)
- „Mit dem Mythos, dass nicht-staatliche Organisationen dem Neutralitätsgebot unterliegen würden, streut die AfD gezielt Fehlinformation. Sie bezweckt damit die politische Bildungsarbeit von freien Trägern, die sich für eine diverse und antidiskriminierende Gesellschaft einsetzen, als „undemokratisch“ zu diffamieren. Genau diese Strategie muss als Angriff auf eine plurale und demokratische Zivilgesellschaft gewertet werden. In unserer Arbeit ist es uns wichtig, ein sicheres und inklusives Umfeld zu herzustellen und uns aktiv gegen Hass und Diskriminierung zu positionieren. Dies entspricht unseren Grundwerten und unserem Auftrag, junge Menschen in einer demokratischen und gerechten Gesellschaft zu fördern. (Jugendclub „Schloss19“/ SJD Die Falken Berlin)
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Trotz der gezielten Einschüchterungsversuche geht die Zivilgesellschaft in Charlottenburg-Wilmersdorf gestärkt aus diesen Aktionswochen gegen Rassismus hervor. Die geteilten Erfahrungen und das gemeinsame Erleben von Anfeindung haben die Zusammenarbeit und Solidarität zwischen Engagierten und Organisationen verstärkt.
Wir fordern Politik, Medien und Zivilgesellschaft auf:
sich klar gegen Kampagnen rechter Einschüchterung zu positionieren,
betroffene zivilgesellschaftliche Akteurinnen zu schützen,
Rassismus nicht zu relativieren und weiterhin zu thematisieren,
und antirassistische Bildungsarbeit nachhaltig zu sichern und zu stärken.
Unsere Antwort ist Solidarität. Unsere Haltung bleibt klar.
Wir solidarisieren uns ausdrücklich mit Allen, die sich für Menschenwürde, Gerechtigkeit und Teilhabe einsetzen und dadurch Ziel rechter Angriffe werden. Diese Angriffe richten sich nicht nur gegen einzelne Veranstaltungen oder Aktionswochen, sondern gegen das Fundament einer offenen, demokratischen Gesellschaft.
Antirassistische Arbeit betrifft uns alle. Sie braucht überall Schutz, Sichtbarkeit und Unterstützung.
Für eine Gesellschaft, in der Vielfalt gelebt wird und Rassismus keinen Platz hat.
Initiativkreis Charlottenburg-Wilmersdorf gegen Rassismus